So viel Tradition darf sein
Warum in den Bergen, warum Kaltern? Viele der Gäste sind weit gereist, um in einem Dorf in Südtirol dem Weinen so nahe zu sein, wie meine Mutter bei dem Hochzeitsantrag meines Vaters. Diese Konstellation von Lage, Temperatur und Grundsätzlichkeit treibt das Gemüt zum Staunen, läßt in den Himmel wachsen, den dieser sich hier mit den Gipfeln teilt. Höre gerade das neue Album von Fontaines D.C., die Oktaven heben und senken dich, ähnlich wie die diese Landschaft. Hier sieht man Melodie, es
versetzt dich in diese zuversichtliche Leichtigkeit, Stimmung, um dann hinreißend und schwerelos in die Tiefe zu stürzen, wie klares Quellwasser. Alles wirkt mächtig, einfach und von Gott gegeben.
Etwas mehr als zwei Wochen bis zu unserem
Festival in Haldern, dann über den Brenner Richtung
Verona, ein Ausblick wie einst von der Loreley, als U2 uns den Grundstein unserer großen Leidenschaft ins Gemüt pflanzte.
Das Kaltern Pop ist eine stille Korrespondenz zu dem, was wir uns seit Jahrzehnten am Niederrhein trauen, das Verlaufen zu korrigieren, eloquent der Neugier zu folgen und mutig Neuland zu betreten.
Nicht der zahlende Gast ist am Ende das Ziel, es ist der berührte, der verführte und überglückliche. Ein gutes Festival bringt das Fremde mit dem Vertrauten in Schwingung und den Buchhalter ins Schwitzen.
In diesem Jahr erzählen wir die Geschichte vom Kino bis in das Kuba, lückenlos und schweißtreibend, aufwühlend, verletzlich und mit einer wohl dosierten Euphorie als Ode an die Lebendigkeit, die Kunst und an all die Menschen, die sich niemals gedacht hätten, dass das alles hier mal ein großes Gemälde werden würde, von dem wir unseren Kinder und Enkelkindern erzählen.
Wir werden schicksalshafte Filme mit Postboten und erfolglosen Künstlern vorführen, Chöre den Himmel berühren lassen, im ehemaligen Habsburger Ballsaal mit neuen Stimmen die Gänse unter die Haut treiben. Es wird das vielleicht atemberaubendste Kaltern Pop Festival seit Jahren.
Unsere frühen Feste haben sich in den Küchen der Künstler verfangen, sie haben von unseren Abenteuern gehört, ihnen wurden diese Utopie von Kunst und Gemeinschaft, unserem Traum des Festivals,
erzählt. Jeder Fehler hatte einen Grund, jeder
Wahnsinn eine Tür und bergauf niemals ohne Schlitten.
Vorfreude ist die schönste Freude
Stefan Reichmann
Stefan Reichmann/Kaldern Pop